... Zwar wandte er sich nach
einer überwiegend von Drucken, Kohle- und Bleistiftzeichnungen beherrschten
Phase peu a peu der Malerei zu, doch bestimmendes Element waren gleichwohl
die düsteren Themen. Mit Rötel gezeichnete Totenschädel,
denen er sich aus verschiedenen Perspektiven näherte und die er "memento
mori" nannte. (...) Und immer wieder Wege, deren Verlauf und Ziel weder
der Künstler noch der Betrachter kennt. Die Lithographie einer Holzbrücke
über den Glan, deren Verbindung zum anderen Ufer in Dunkel und Nebel
verschwindet; das Aquarell eines Waldweges, der sich im Dickicht der Bäume
verläuft. Am Rande taucht überraschenderweise eine rote Tanne
auf. Ein Blick auf Eisenbahnschienen, die in verschiedene Richtungen führen.
Eine Weichenstellung ist noch nicht in Sicht, deutet sich aber bereits
an. Auch die Treppe, von deren oberem Ende das Licht herunterstrahlt ins
Verließ der Niedergeschlagenheit, verheißt, daß es nur nach vorn gehen kann.
"Ich war im Studium und
wußte nicht, wo es hingehen sollte", sagt Michael Seyl heute. Er
habe deshalb versucht, sich "einen Überblick zu verschaffen über
das, was schon da war". Von Dürer über Menzel und Morandi bis
Janssen näherte er sich zeichnerisch diversen Vorbildern, um schließlich
ganz allmählich den Schritt von der Zeichnung zur Malerei zu wagen.
Waren bereits die frühen Blätter sehr deutlich von Hell-Dunkel-Kontrasten
bestimmt, wandte er sich jetzt den Komplementärfarben zu...
Rainer
Dick, "Versuch über einen Freund: Der Künstler Michael
Seyl", Aus: Michael Seyl, "Gelb, Rot, Blau", Druckerei und Verlag Koch,
Kusel 1995, S. 17f.