Von Michael Schräer
Tausende von Besuchern
kennen die beleuchteten Wasserspiele, den beleuchteten
Herkules, die Atmosphäre,
die vom angestrahlten Schloss ausgeht. Seit Samstag ist
der größte
Bergpark Europas um eine Attraktion reicher. Sie zeigt sich dem Betrachter
auf verschiedenste
Weise, eins aber haben alle Angebote gemein: Sie spielen - nach
Einbruch der Dunkelheit
- und zwar mit Licht.
Den Bergpark Wilhelmshöhe
einmal anders erleben, das ist das Ziel von Herwig Thol
und Markus Hutter.
Thol, der Gartenarchitekt aus Kassel, und Hutter, der Maler und
bildende Künstler
aus Hannover, zeichnen für das Projekt Licht(e) Wege verantwortlich.
Ein Parcour durch
den Park mit zehn Kunstwerken, zwei mit mehreren Stationen, die
das Thema Licht
im öffentlichen Raum des Parks interpretieren.
Da jedes Kunstwerk
für sich steht, kann der Besucher an beliebiger Stelle starten,
mancher dürfte
auch nur zufällig beim Spaziergang mit Kunst konfrontiert werden.
Für
den gezielten Licht(e)
Wege-Besuch ist der Ausgangspunkt der Infostand am großen
Gewächshaus
des Bergparks.
Dort empfängt
ihn ein Wohnzimmerequipment von Timm Ulrichs mit zwei
Standleuchten, die
über Morsezeichen einen Lichtdialog führen. Weiter zum
Fontänenteich.
Dort ist an der Ecke der Schlosswiese einer der vier persönlichen
Schreibtische von
Rolf Bier zu sehen. Auf einer Betonplatte, abgelegt wie ein
Picknicktisch, so
Bier, steht ein Lichtkasten.
Licht und Ton nutzt
Werner Reiterer im Apollo-Tempel. Drei Mal ist geräuschvoll das
Atmen des Künstlers
aus Wien zu hören, wobei zwölf Halogenlampen beim Ausatmen
gedimmt werden.
Dann tief Luft holen und 80 Sekunden anhalten bei stärkster
Leuchtkraft. Das
ist der Rhythmus des Kunstwerks.
Der Weg führt
weiter an Aquädukt, Höllenteich, Teufelsbrücke und Pyramide
Richtung
Schloss zurück.
Wobei die erwähnten Bauwerke von Michael Seyl illuminiert werden,
Aquädukt in
Blau, Teufelsbrücke in Rot, Pyramide in Gelb.
Auf dem Weg hängt
der Kronleuchter von Ute Klein und Daniela Tuzzi aus der Schweiz
in den Bäumen,
wobei mit Leuchtfarbe bemalte Plexiglasscheiben dank Schwarzlicht je
heller erstrahlen,
desto dunkler es wird. Vorbei an der Vollmondprojektion auf dem
Höllenteich
von Birgitt Knappe und Jörg Lange, dem Antennenwald mit Bildschirmen
von Wolfram der
Spyra und dem Tatort des Künstlerpaars Stöckerselig.
Dieser deute nicht
unbedingt auf den Ort eines Verbrechens hin, sagt Christian Selig.
Aber die sechs Blitzlichter
auf drei Stativen sollen Spaziergänger überraschen, der
romantischen Umgebung
etwas Beunruhigendes entgegensetzen.
Unter Wasser, im
Überlauf des Fontänenteichs, dann die Arbeit von Hutter. Zwei
gegenläufige,
elementare Sätze, die unser Leben prägen, mit Lichtfasertechnik
erzeugt, sollen
den Betrachter damit konfrontieren, dass er selbst an einen Ort der Idylle
auf den Alltag zurückgeworfen
wird: There is love all around you; there is hate all around
you.
Den Abschluss der
Licht(en) Wege bilden zwei wie defekt flackernde Lichtbündel im
Baum und am Boden
von Volkhard Kempter.
Quelle:
Hessische Allgemeine,
Sonntag, 30. Juni 2002
Lichtkunst im Park
"Während der
Dokumenta 11 wollen zwölf, zum Teil international bekannte Künstler
Lichtinstallationen
im Bergpark Wilhelmshöhe präsentieren. Das von Markus Hutter
und
Herwig Thol initiierte
Projekt "Licht(e)wege" (29. Juni bis 28. Juli) soll an die Tradition
der barocken Park-Illuminationen
anknüpfen. Zudem soll mit neuen Formen der
Beleuchtung und
des Lichtspiels experimentiert werden."
Quelle:
Hessische Allgemeine,
Samstag, 16. Februar 2002
Michael Seyl
Von Matthias Brück
Daß Michael Seyl seit Jahren eine
besondere Beziehung zu Licht und Farbe unterhält, zeigen seine vielbeachteten
Lichtinstallationen im Kirchenraum und noch spektakulärer die Lichtinstallationen
im öffentlichen Raum wie „Burgenröte" 1998 oder „Gelb Rot Blau",
Altes Rathaus Bielefeld 1999 beziehungsweise seine Ausstellung „Rot Blau"
im Historischen Museum der Pfalz, Speyer 1998.
Aktionen, die man unter anderem in den
Kontext von Land-art-Konzepten stellen könnte, da sie auf eigene Weise
Objekte oder Landschaften durch bestimmte Eingriffe verändern. Außerdem
sind seine Arbeiten - auch hier gibt es Parallelen zur Land-art - nicht
für die Ewigkeit bestimmt. Denn, was dort im Prozeß der Vergänglichkeit
irgendwann einmal zur Auflösung führt, endet bei Michael Seyl
mit dem „Umlegen des Lichtschalters". Denn das jeweilige Kunstwerk - ob
Lichtinstallation oder Leuchtstoffröhrenbild - existiert nur so lange
als Wahrnehmungserlebnis des Betrachters, wie seine Existenzbedingungen
erhalten bleiben.
Gerade bei den in der Galerie der Sparkasse
Südliche Weinstraße in Landau ausgestellten Leuchtstoffröhrenbildern
- übrigens die erste große Präsentation dieser Werk-Gattung
- stellt sich für den Betrachter die Frage nach der Motivation dieses
Künstlers, wenn man einmal dessen kontinuierliche Auseinandersetzung
mit Farbfeldmalerei oder Goethes Farbenlehre außer Acht läßt.
(„Seyl arbeitet zum Beispiel bei seinen Leuchtstoffröhrenbildern mit
dem Prinzip der Komplementärkontraste und der gegenseitigen Auslöschung
der Komplementärkontrastpaare..." Horst Schwab, „Michael Seyl", aus:
„Bildende Kunst im Raum Kusel", Druckerei und Verlag Koch, Kusel 1994,
S. 84).
Was also möchte dieser Künstler
über diesen theoretischen Background hinaus, mit seinen Werkzeugen,
Neonröhren, Farbfolien, monochromen Bildträgern und Projektoren
erreichen? - Sicherlich kein Pendant zu einer allzu verbreiteten Bild-Banalität,
zu der kaum mehr zu steuernden Bilderflut der Medien und einer sich als
Kunst tarnenden Oberflächen-Ästhetik.
Dagegen möchte er seine Einzelbilder
stellen, möchte einmal das Vorurteil korrigieren, Kunst könne
nur mit Pinsel, Stift, Hammer oder Meißel geleistet werden und darüber
hinaus Werke zu schaffen, neue, originäre Werke, auf die sich der
Betrachter konzentrieren, in sie vertiefen kann. Rainer Dick hat das im
Katalogtext, Michael Seyl, Rot Gelb Blau, Kusel 1997, treffend ausgeführt:
„Es setzt die Bereitschaft voraus, sich einem Werk hinzugeben, sich einzufühlen,
nachzudenken, zur Ruhe zu kommen. Seine Installationen zu goutieren, hat
vielleicht sogar etwas mit Kontemplation zu tun, mit Besinnung und Einkehr,
Die nächste Stufe seines künstlerischen Wirkens hat daher eine
spirituelle Qualität (...)."
Über die intendierte Hingabe und
Fähigkeit des Betrachters hinaus, sich von dieser meditativen Aura
gefangennehmen zu lassen, scheinen die Leuchtstoffröhrenbilder von
Michael Seyl - neben ihrer unbestreitbaren ästhetischen Faszination
- eine spannende Frage zu implizieren. Ist das Exponat nur dann Kunstwerk,
wenn es „unter Strom steht" oder kann man ihm in ausgelöschtem Zustand
bereits eine ähnliche Qualität zuschreiben - eine Art von verborgener
Wirkkraft, fast eine Entelechie im aristotelischen Sinn? -
Wie auch immer man sich mit diesen Arbeiten
auseinandersetzt, sie reizen zur Auseinandersetzung und lohnen das Engagement
des Betrachters. „Mehr Licht", hat Goethe angeblich zuletzt gefordert.
„Noch mehr Licht", hat Michael Seyl in seiner Examensarbeit verlangt und
meines Erachtens dieses Postulat bislang höchst beeindruckend erfüllt.
Ebenso sicher scheint, daß er seine „Quelle" noch nicht ausgeschöpft
zu haben scheint - man darf weiterhin gespannt sein.
Quelle:
Michael Seyl, Werkeheft, Herausgeber:
Sparkasse Südliche Weinstraße in Landau, mit einem Text von
Matthias Brück, Landau 1999 (mit 5 Farbabbildungen von Leuchtstoffröhrenbildern)