Karl
Kiefer
1871 - 1957 |
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Figürliche
Plastik des Bildhauers Karl Kiefer aus Jettenbach
Von Thomas Wendel Eine marmorne Frau kauert an einem Felsblock und schaut sich um. Die Gesichtszüge sind persönlich, hübsch, etwas kalt, die Behandlung des Haares besonders gut flächenhaft. „Suanna“, ein gutes Stück figürlicher Plastik, ist eine Brunnenfigur an einem Wasserbassin. Man sieht die Figur auf dem Brunnenstein, wenn man durch den großen Torbogen schaut. Dieser Blick bot sich dem Beobachter und Besucher der „Münchener Ausstellung für angewandte Kunst“ im Jahre 1905. Der Künstler, der dieses Werk geschaffen hatte, war Karl Kiefer. Er erntete viel Anerkennung und internationales Lob für seine Skulpturen, die weit außerhalb der Heimat ausgestellt waren. Geboren wurde er am 15. Februar 1871 in Jettenbach. Sein Vater war Volksschullehrer, die Familie des Vaters stammte aus Glan-Münchweiler. Der künstlerische Werdegang Karl Kiefers begann in Kaiserslautern. In der Bildhauerabteilung der Kreishandwerksschule erlernte er nach dem Besuch der Volksschule bei seinem Vater das Handwerk eines Steinmetzen. Im Anschluß an die erfolgreiche Ausbildung ging er auf Wanderschaft. Fünf Jahre lang vervollkommnete er sein handwerkliches Geschick und Können. Seine Lehrjahre führten ihn schließlich aus der Pfalz hinaus nach Karlsruhe, Mannheim und München. In der bayrischen Metropole, die seit der Eingliederung der Pfalz nach Bayern schon immer einen unwiderstehlichen Bann auf die Pfälzer ausübte, ließ sich Kiefer nieder. Professor W. von Ruemann hatte zuvor bei einer kleineren künstlerischen Arbeit sein Talent entdeckt und ihn in die Akademie der bildenden Künste aufgenommen. Seine Kunststudien begann Karl Kiefer im Mai 1892. Das Studium zur damaligen Zeit war von vielen Unwegbarkeiten begleitet. So musste sich der junge Bildhauer, auch wenn er von seinem Vater unterstützt wurde, neben dem Akademiestudium zudem auch den täglichen Broterwerb widmen. Aller Schwierigkeiten zum Trotz wurden die Werke des Künstlers immer ausgereifter, und bereits wenige Monate nach Abschluß des Studiums konnte Karl Kiefer seine erste Ausstellung beschicken. Mit der Bronzebüste „Jugendlicher Johannes“ debütierte er im Jahre 1897 auf der 7. internationalen Kunstausstellung in München. Ein grandioser Erfolg wurde ihm zuteil: Die Büste wurde mit der „Goldenen Medaille“ ausgezeichnet, und die Städtische Galerie in Nürnberg und die Galerie des Kunstvereins in Darmstadt kauften sie an. Kiefer gehörte nun zum Kreis der renommierten Künstler. Der finanziellen Sorgen war er enthoben, er konnte sich fortan ganz dem künstlerischen Schaffen widmen. 1898 schuf er die lebensgroße Marmorfigur „Betendes Kind“, die von der Münchener Sezession angekauft wurde. In der Glyptothek - der Sammlung der Steinskulpturen - wurde sie bis zum Jahr 1925 ausgestellt. In der Folgezeit stellte Karl Kiefer in zahlreichen deutschen Städten aus. Die Glaspalast-Ausstellungen in München waren nur der Anfang. Auf der großen Berliner Kunstausstellung zeigte er dreimal seine Plastiken (1898, 1905, 1910), die Kunstausstellungen in Dresden und Düsseldorf stellten seine Exponate in den darauffolgenden Jahren aus. 1910 zeigte das Künstlerhaus in Wien sogar schon zum zweitenmal Statuen des Bildhauers. In einer Zeit, in der andere Bildhauer systematisch die klassischen Formen verließen, sich neuen Gestaltungsmöglichkeiten zuwandten, hielt Kiefer am antiken Aktstudium fest. Er war geprägt von seinem Lehrer und verliebt in die naturalistische Darstellung der Menschenfigur. Von den Strömungen der modernen Kunst hielt er Abstand, verfremdete Form und radikale Gestaltung waren nicht sein Stil. Kiefers Statuen wahrten die natürliche, wohlproportionierte Form, Draperiestudien im Zusammenhang mit der Körperform ergänzen sich bei ihm zu einer harmonischen Einheit. Das Material war mit Akribie bearbeitet, die Oberfläche behielt ihre natürliche Glätte. Der Abstraktion, der äußeren Wesensfremdheit des Expressionismus zur Natur, wollte Kiefer nicht folgen. Die figürlichen Plastiken bewegen sich zwischen dem auf intensiven Aktstudium beruhenden Naturalismus und einem nachempfundenen, überkommenen Klassizismus. Bei der Grabmalkunst Kiefers wird dies am deutlichsten. Das Grabmal A. W. Sythoffs von 1916 ist ein Zeugnis dieser Kunstgattung. Eine locker, ungezwungen dastehende Schöne, im antiken Gewand gekleidet, steht andächtig und versunken am eigentlichen Grabstein. Ihr Körper entspricht vollends dem klassischen Schönheitsideal, ihre Statur ist mit äußerster Sorgfalt aus dem Stein gehauen. Die Freude am Detail wird sichtbar in der Faltenlegung, am kunstvollen Haarkranz, an den Gliedern. Der Marmor ist sauber und glatt bearbeitet, die Skulptur bildet eine harmonische Einheit. Karl Kiefer wurde 1925 zum Professor ernannt. Er arbeitete neben dem Menschenbildnis auch an Tierplastiken und an Hermen, quaderförmigen Pfeilern mit aufgesetzter Menschenbüste. Kleinplastiken in Bronze, Marmor und Elfenbein ergänzten sein Schaffen. In der Pfalz fertigte der Künstler zwei Kriegerdenkmale in Edenkoben und Roth. Als angesehener Bürger lebte Kiefer in München bis zu seinem Tode vor 30 Jahren im Alter von 86 Jahren. Die Grabdenkmale bildeten das Hauptwerk von Karl Kiefer. Viele derartige Werke hat er geschaffen, sein Ruhm gründet sich auf ihnen. Für den Münchner Sawit errichtete er ein Denkmal (1908) genauso wie für den Präsidenten der Lloyd in Bremen (1920). Im württembergischen Schramberg, in Detmold und in München schuf er in den zwanziger Jahren zahlreiche Denkmäler. Und vielleicht steht heute noch das von ihm geschaffene Grabdenkmal der beiden Forscher K. Martius und J. Sphix im botanischen Garten zu Pará, Brasilien? Literatur:
Aus: Westrichkalender
Kusel 1988, herausgegeben vom Landkreis Kusel (Pfalz), Dokter Verlag, Rengsdorf/Westerwald
1987, S. 119 - S. 122 (mit 1 Abbildung)
Monumentalbank
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Verfasser: Michael Seyl