In Memoriam
 
 
Ludwig Grub

10. Januar 1930 - 16. Dezember 2007


 

Ludwig Grub

 

In Erinnerung an einen Freund

 

"Batschkapp, Matschkapp, Quatschkopp, Koppquatsch, Koppmatsch, Kappquatsch" - diese lautmalerische Wortfolge stammt von dem freischaffenden Künstler Ludwig Grub. Er hat sie in einen Stein gemeißelt, der als Krönung sein Markenzeichen trägt: eine Batschkapp. Er gehörte nicht zu denen, die viel Aufhebens um ihre Person machen. Er ließ seine Werke für sich sprechen. Ludwig Grub lebte lange Jahre in Rodenbach und zuletzt in Kusel und Butte des Suin (Burgund).

 
Ludwig Grub wurde im Jahre 1930 in Wiesbach auf der Sickinger Höhe geboren. Er studierte an der Saarbrücker Werkkunstschule Malerei und Grafik bei Boris Kleint. Der Künstler hat mehrere Arbeiten für den öffentlichen Raum geschaffen. So gestaltete er den Brunnen auf dem Dorfplatz in Rodenbach. Den Kuseler Marktplatz zieren sieben Steinskulpturen.

 
Im Mittelpunkt seiner vielfältigen künstlerischen Tätigkeiten standen die grafischen und plastischen Arbeiten. In seinen frühen, mit feinen Strichen ausgeführten Zeichnungen haben sich monströse, dickleibige Mischwesen zwischen Tier und Mensch zu einem dämonischen Treiben versammelt. Dabei steht die Massigkeit der Kopfleiber in umgekehrter Relation zur Feingliedrigkeit der Klauen bewehrten Gliedmaßen. Mit kleinen, funkelnden Augen und weit aufgerissenen Mäulern erscheinen die dämonischen Wesen, die oftmals aus der düsteren Landschaft herauszuwachsen scheinen, wie personifizierte Naturgewalten, die ebenso magisch anziehend wie bedrohlich wirken. 

 
Es ist nicht die heile Welt, die Ludwig Grub interessierte. Schon während seiner Ausbildung an der Saarbrücker Werkkunstschule unter Boris Kleint entstanden neben akademischen Sachzeichnungen, Porträts und Aktzeichnungen reportageartige Alltagsschilderungen, die das entbehrungsreiche Leben der Nachkriegszeit festhalten. Bei alledem ging es Ludwig Grub nicht so sehr um eine Gesellschaftskritik oder politische Aussage. Sein Blick war mehr nach innen gerichtet. Das Dargestellte ist gleichsam eine Spiegelung des in der Realität Wahrgenommenen am inneren Auge, wobei gleichzeitig unbewusste Ängste und Visionen in die Gestaltung mit einflossen.

 
In den Zeichnungen jüngeren Datums verband Ludwig Grub Elemente aus der Realität collageartig mit seinen Visionen. So erscheint zum Beispiel eine auf einer Reise durch Burgund an einer romanischen Kirche gesehene Engelsfigur als stürzender Dämon bedrohlich über zwei Radfahrer, die sich in der Weite der Landschaft verlieren.

 

Während einer Norwegen-Reise hat Ludwig Grub 6000 Jahre alte Felszeichnungen studiert, die er auf überraschende Weise und nicht ohne Witz in seine Zeichnungen einarbeitete. So traben beispielsweise Rentier-Skelette durch die norwegische Landschaft, oder Fischer werden in ihren archaischen Booten mit einem möglichen Fang, einem überdimensional großen Dorsch, konfrontiert.

Ludwig Grub begab sich gern auf Entdeckungsreisen. Dies tat er jedoch nicht nur im herkömmlichen Sinne, sondern auch dann, wenn er Holz oder Stein bearbeitete. Deutlich wurde dies bei einem seiner Lieblingsmaterialien: bei Findlingen aus Diabas-Gestein.  Ludwig Grub betrachtete jeden Findling als Individuum und berücksichtigte bei der Bearbeitung seine im Laufe der Naturgeschichte gewachsene Gestalt. Mit behutsamen Hammerschlägen legte er sukzessiv im Stein angelegte Formen frei. Ludwig Grubs Steinskulpturen sind nicht das Produkt einer ausgedachten Gestaltung. Dem Stein sollten auf keinen Fall fremde Formen aufgedrängt werden. So hat Ludwig Grub zum Beispiel in den Findlingen, die er für den Kuseler Marktplatz bearbeitete, rätselhafte Urviecher aufgespürt und zum Vorschein gebracht. Dabei genügten ihm meist nur wenige Eingriffe, so dass keinem Stein seine Einzigartigkeit genommen wurde.

 

 

Ludwig überraschte mich im Jahre 2003 mit folgender Erklärung:

 

"Nachdem ich ein Leben lang - sehr ernsthaft - zwanghaft gemalt hatte, wurde mir plötzlich klar, ich brauchte nicht mehr zu malen. Der innere Druck war nicht mehr da. Ich fühlte mich befreit. Es war ein gutes Gefühl. All das, was ein Leben lang Bilder aus mir herausquellen ließ, es war vorbei. Mir wurde klar, dass eine lange Therapie beendet war."

 

Ludwig hat viele seiner Freunde mit dieser Aussage überrascht, ja sogar enttäuscht. Doch es war ein wichtiger Schritt für ihn: Es war ein Abschied von der Kunst, die ihm und den Menschen, die seine Kunst schätzten, so viel gegeben hat.

 

Die Kunst von Ludwig Grub lebt fort. Denn dem Stein wohnt ein Hauch von Ewigkeit inne.

 

Mein Freund Ludwig verstarb am 16. Dezember 2007.

 

Michael Seyl

 

17. Dezember 2007
 

Zeichnung
30cm x 20cm, 1947
 
 
 

Zeichnung
35cm x 20cm, 1970
 
 
 

Landschaft
Acryl, 40cm x 50cm, 1990
 
 
 

Wächter
Sandstein, Höhe: 50cm, 1992
 
 
 

Steinskulpturen auf dem Kuseler Marktplatz
Diabas, 1993
 
 
 

Dämon
Fotografie, überarbeitet, 2000


 
Verfasser: Michael Seyl
(2007; letzte Bearbeitung: 25. April 2014)
 
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