In Memoriam


Wilfried von Dahl
 

13. April 1944 - 5. Februar 2016



Der Künstler Wilfried Dahl

Von Michael Seyl


Kunst und Religion sind seit Urzeiten miteinander verbunden, wobei der Kunst in der Regel eine dienende Funktion zukommt. Das Verhältnis war in unserem Kulturkreis besonders im Mittelalter sehr eng. Damals waren es in erster Linie Mönche, die die hervorragendsten Kunstwerke schufen. Auch heute versteht sich so manch ein Künstler nicht selten als Mönch. Im Gegensatz dazu finden sich weit weniger Theologen, die künstlerisch tätig sind. Eine Ausnahme ist Wilfried Dahl aus Oberalben.
Der im Jahre 1944 in Solingen geborene Wilfried Dahl ist in Bacharach am Rhein aufgewachsen. Nach einer Lehre und Berufstätigkeit als Schreiner absolvierte er das Theologische Seminar in Wuppertal. Danach arbeitete er als Dekanats-Jugendwart und als Gemeindepfarrer in der Südpfalz und als Religionslehrer an der Berufsbildenden Schule in Kusel. Seit Beginn dieses Jahres arbeitet er in einer Seelsorger-Stelle am Klinikum in Homburg. Als Maler ist er Autodidakt. Frühe Einflüsse hat er dabei durch seinen Vater erfahren. In Kusel ist er erstmals im Rahmen der Ausstellung "Kusel - Stil- und LebensArt", die er 1988 mitinitiierte, einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden. In der Fußgängerzone waren damals seine mahnenden "Zeitzeichen" zu sehen. 
Als Theologe und Künstler möchte Wilfried Dahl die Aussagen von Jesus Christus vermitteln. "Wenn man sie mit den Gegebenheiten von heute konfrontiert", so Wilfried Dahl, "erweist sich nach wie vor ihre große Gültigkeit." So hat er beispielsweise die alttestamentliche Schöpfungsgeschichte in einer Aquarell-Serie aufgegriffen. Die Bilder sind voller Symbolik und Anspielungen auf heutige Zustände. Unterschwellig wird die Gefährdung der göttlichen Schöpfung durch den Menschen angesprochen. "Handeln in Verantwortung" könnte auch über den beiden Aquarellen "Infiltration" und "Filter", die aufeinander bezogen sind, stehen. Im erstgenannten Bild ergießen sich ungute, giftige Flüssigkeiten in ein Gewässer. Die allmähliche Vermischung wird durch einen Farbübergang von Blutrot über Violett hin zu Schwefelgelb deutlich. Das Gegenstück, auf dem ein Ausschnitt eines schilfbewachsenen Gewässers zu sehen ist, verweist auf die Reparaturleistung der Natur, der es ohne Frage immer schwerer fällt, die Ausscheidungen des menschlichen Wohlstandes zu verkraften. Am Schluss kann das stehen, was der Künstler in dem bedrückenden Bild "Letzten Endes" zeigt: kaputte Städte auf einem versandeten Planeten - das Leben scheint nur noch in unterirdischen Katakomben möglich.
Aussagen dieser Art drängen sich selten missionarisch auf. So fällt zum Beispiel bei dem Aquarell "Infiltration" zuerst der scheinbar ungeordnete Aufbau ins Auge, der sich nach und nach in eine bewusst komponierte Ordnung mit aufeinander bezogenen Achsen auflösen läßt. Die Kompositionen von Wilfried Dahl entstehen nicht frei und willkürlich. Er beachtet, "daß ein Farbenstrich den andern beeinflusst, nach den bestimmten Gesetzen des Gegensatzes und der gegenseitigen Ergänzung", wie es Henry van de Velde einmal treffend formulierte. Im Pendant "Filter" wird so die Komposition durch einen roten Punkt, der sich bei genauerer Betrachtung als Marienkäfer darstellt, in der Balance gehalten.
Allein das Farbenspiel steht bei dem Aquarell "Bougainvillea" im Vordergrund. Hier hat Wilfried Dahl während eines Portugal-Aufenthaltes "erst im dritten Versuch" das leuchtende Rot dieses mediterranen Wunderpflanzengewächses festgehalten. Das Bild ist eine Hommage an das Leben und Ausdruck dessen, was "Letzten Endes" helfen kann: Liebe, Glaube und Hoffnung.

Aus: "Bildende Kunst im Raum Kusel", Druckerei und Verlag Koch, Kusel 1994, S. 18f.

 

 


  Text und Foto (copyright): Michael Seyl, letzte Bearbeitung: 9. Februar 2016
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